
Wenn Wind leuchtet: Die „Smarties Mühle“

Ein leuchtendes Wahrzeichen feiert Geburtstag
Vor 25 Jahren öffnete die Expo 2000 in Hannover ihre Tore – ein Großereignis, das Nachhaltigkeit, Technik und Kultur miteinander verband. Im Rahmen dieser Zukunftsvision entstand ein Kunstwerk, das bis heute leuchtet: die „Smarties Mühle“. Die farbenfrohe Windenergie-Anlage an der A7 ist mehr als ein technisches Bauwerk – sie ist zum Wahrzeichen der Stadt Sehnde geworden und erfreut sich in ihrer Umgebung größter Beliebtheit. Zum Jubiläum der Expo 2000 werfen wir einen Blick zurück auf ihre Entstehung und ihre Zukunft.

Expo 2000: Als Nachhaltigkeit noch neu war
Im Sommer des Jahres 2000 blickte die Welt nach Hannover. Die Expo 2000 war nicht nur die erste Weltausstellung in Deutschland, sondern auch ein visionärer Blick in die Zukunft. Unter dem Motto „Mensch, Natur, Technik“ rückte sie Themen in den Fokus, die heute aktueller sind denn je: Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und innovative Technologien.
Damals war der Begriff „Nachhaltigkeit“ noch neu – auf dem Expo-Gelände wurde er mit Leben gefüllt. 155 Nationen und 27 Organisationen präsentierten ihre Visionen, begleitet von einem riesigen Kulturprogramm mit über 15.000 Veranstaltungen. Besonders spannend: Viele der Gebäude und Projekte wurden so konzipiert, dass sie auch nach der Expo weitergenutzt werden konnten.

Ein Highlight war der internationale Wettbewerb „Kunst und Windenergie“, den das damals noch junge Unternehmen Windwärts, das seit Mitte 2022 Teil von JUWI ist, ausschrieb und an drei Windenergie-Aanlagen erfolgreich umsetzte – darunter auch die „Smarties Mühle“.
Gleich an den Einfahrtsrouten in die Stadt sollten die Windenergie-Anlagen auf die klimafreundliche Stromerzeugung durch Wind aufmerksam machen. Mit einer Leistung von 1,5 Megawatt waren es die seinerzeit größten und modernsten auf dem Markt. Neben heutigen Dimensionen nehmen sie sich bescheiden aus: Die größten Windenergie-Anlagen an Land erreichen sechs Megawatt und mehr.

Die „Smarties Mühle“: Kunst trifft Windkraft
Wer auf der A7 von Süden nach Hannover fährt, dem fällt sie besonders bei Dunkelheit auf: eine Windenergie-Anlage mit 30 leuchtenden Farbfeldern aus Plexiglas und Neonröhren verteilt über die Länge des Turms. Die Pastillen verändern ihre Helligkeit je nach Stromproduktion: je mehr Wind, desto heller das Licht.
Gestaltet wurde das Kunstwerk vom französischen Künstler Patrick Raynaud, der die Ästhetik der Windkraft-Anlage nur minimal verändern wollte. Für ihn war das Windrad ein poetisches Symbol – ein „Zauberstab“, wie er es nannte. Die bunten Lichtfelder sollten diese Poesie verstärken und zugleich Kindheitserinnerungen wecken. Die Bevölkerung taufte das Werk liebevoll weniger poetisch „Smarties Mühle“ – oder etwas frecher: „Hasendisko“.

Im Schatten des Windes
In Barsinghausen-Bantorf entstand ein Kunstwerk, das mit der Kraft der Sonne spielt: Ein 80 Meter langer Tisch aus Stahl und Holz bildet exakt den Schatten einer Windenergie-Anlage nach – allerdings nur an einem einzigen Tag im Jahr. Am 21. Juni, dem längsten Tag des Jahres, deckt sich der Schatten des Windrads exakt mit der Form des Tisches.
In die Tischplatte wurden 4.500 Kilogramm Kohle eingelassen – so viel, wie durch die Tagesproduktion des Windrads in einem Kohlekraftwerk eingespart wird. Um den Tisch herum stehen Holzstämme, deren gespeicherte Energie der Strommenge entspricht, die das Windrad in acht Stunden erzeugt. Ein stilles, aber eindrucksvolles Symbol für den Wandel von fossiler zu erneuerbarer Energie.

Skytalk
Technologisch seiner Zeit voraus war das Projekt „Skytalk“ an der Raststätte Garbsen Nord. Besuchende konnten dort über ein Terminal Nachrichten eingeben, die dann auf zwei Laufschriftdisplays an der Gondel einer nahegelegenen Windenergie-Anlage angezeigt wurden.
Der Künstler Felix Huber wollte damit die unsichtbaren Zustände von Energie – Wind, Strom, Information – sichtbar machen. 2008 wurde das Projekt aus technischen Gründen abgebaut, doch es bleibt eine faszinierende Idee für die Verbindung von digitaler Kommunikation und erneuerbarer Energie.

Zukunft der Hasendisko: Repowering mit Vision
Auch wenn die „Smarties Mühle“ längst Kultstatus erreicht hat – technisch ist sie in die Jahre gekommen. Der Windpark bei Sehnde, in dem sie steht, hat das Ende seiner regulären Betriebszeit erreicht. Doch statt Stillstand ist Aufbruch angesagt: Ein Repowering ist geplant. Vier neue und deutlich leistungsstärkere Windenergie-Anlagen sollen die alten ersetzen – mit einer Gesamtleistung von 28 Megawatt, das Siebenfache der bisherigen Leistung. In Zukunft könnten die Anlagen 26.000 bis 30.000 Haushalte mit Strom versorgen, statt bisher 1.900.
JUWI als Projektentwickler prüft zudem, ob sich der neue Windpark mit einem Batteriespeicher oder einer Photovoltaik-Anlage kombinieren lässt.

Und was wird aus der „Smarties Mühle“? Die bunten Leuchtfelder sollen auch an einer der neuen Anlagen weiterstrahlen, wenn es technisch möglich ist. So wünscht es sich nicht nur die Betreiberin, die Bürgerenergiegesellschaft „Windwärts Kunst und Windenergie“, sondern auch der Sehnder Bürgermeister. Und nicht zuletzt können auch sich die Hasen im Jahr 2030 zum 30. Jahrestag der Expo 2000 über eine renovierte Disko freuen und noch lange weitertanzen.