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Worum geht es?

„Windenergie hilft Waldbesitzern dabei, den Forstbetrieb auf weitere Standbeine zu stellen.“

Der Windpark Junge Donau im Landkreis Tuttlingen, Baden-Württemberg, zieht nicht nur Neugierige aus den umliegenden Ortschaften an, auch für Masterstudenten der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg war die Baustelle mitten im Wald, einen Ausflug wert. Ihr Fokus: Die Ausgleichsmaßnahmen, die zu jedem Windenergie-Projekt dazugehören.

Vor Ort stand ihnen Torsten Schopbach, Bauleiter des Projektentwicklers JUWI, und zuständig für die Planung und Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen Rede und Antwort. Wir sprachen mit ihm zudem über Aufforstung, Waldumbau und die Perspektiven von Forstbesitzern durch die Windenergie.

Herr Schopbach, der Zustand der deutschen Wälder ist alles andere als gut. Viele Forstbetriebe stehen vor hohen finanziellen Herausforderungen und müssen sich einnahmenseitig neu aufstellen. Wie kann die Windenergie hier weiterhelfen?
Die Windenergie bietet durch verlässliche Pachteinnahmen die Chance, das finanzielle Risiko beim anstehenden Waldumbau zu reduzieren. Sie hilft Waldbesitzern dabei, den Forstbetrieb auf weitere Standbeine zu stellen, in dem sie deren Einnahmeseite planbar und zuverlässig für mindestens zwei Dekaden verbessert. Je nach Standort und Windaufkommen reden wir über einige zehntausend Euro pro Anlage und Jahr. 
Als Anlagenstandorte für die klimaneutrale Stromgewinnung bieten die deutschen Mittelgebirge zudem sehr gute Bedingungen für eine ertragsreiche Windernte und als Standort meist weniger konfliktbehaftet als Offenlandstandorte, da sie in der Regel große Distanzen zur nächsten Ortsbebauung aufweisen. 
 

Wie groß muss denn die Fläche für ein einzelnes Windrad sein?
Pro Anlage rechnen wir aktuell mit einem Flächenverbrauch von ca. 600 Quadratmetern für das Fundament und rund 3.300 Quadratmeter für die Kranstell- und Auslegerfläche. Hinzukommen circa 5.000 Quadratmeter, die temporär als Lagerflächen genutzt werden. Die Fläche pro Windrad entspricht also mit ca. 0,8 Hektar ungefähr der Größe eines Fußballfeldes. Mehr als die Hälfte dieser Fläche wird nach Abschluss der Bauarbeiten wieder mit ökologisch hochwertigen und standortgerechten Gehölzen aufgeforstet. Dauerhaft baumfrei bleiben lediglich die Fundament-, die Kranstell- und Auslegerfläche. Aber auch für diese Flächen wird an anderer Stelle wieder aufgeforstet. Ist das nicht möglich, wird der Eingriff durch ökologische Ersatzmaßnahmen kompensiert.

Wie sieht das konkret aus?
Das kann die Alt- oder Totholzsicherung sein, der Altbaumschutz oder die Aufwertung bestehender Waldbereiche durch klima- und standortgerechten Waldumbau. Hier am Standort Junge Donau haben wir Ersatzlebensraum für die Haselmaus durch die Aufwertung umgebender Waldflächen geschaffen. Konkret heißt das, wir haben Fichtenbestände auf einer Fläche von 7,8 Hektar ausgedünnt und blüten- und beerenreiche Sträucher neu gesetzt. Für Fledermäuse haben wir zudem eine 4,9 Hektar große Fläche im Staatsforst westlich des Windparks aus der Bewirtschaftung genommen.

Der Bau eines Windrades ist immer auch mit einem Eingriff in die Natur verbunden. Welche Auswirkungen sind für Flora und Fauna zu erwarten?
Grundsätzlich gilt bei all unseren Projekten, dass wir bei JUWI immer so eingriffsminimierend wie möglich geplant und gebaut wird. Das heißt, wo immer möglich greifen wir auf vorgeschädigte Flächen oder ökologisch weniger wertvolle Forstbereiche, vorzugsweise auf solche mit Monokulturen, und auf die bereits existierende Wegeinfrastruktur zurück, das haben unsere Expertinnen und Experten stets im Blick. Diese muss zwar gegebenenfalls ertüchtigt und verbreitert werden, ein kompletter Neubau ist in der Regel aber unnötig. Zudem erfolgt die Netzanbindung ausschließlich über Erdkabel im bestehenden Wegenetz. Neben der Fläche für die eigentliche Anlage müssen also nur wenige zusätzliche Wegebegleitflächen in Anspruch genommen werden
Die Beeinträchtigung von Vögeln, Fledermäusen und anderen Wildtieren hält sich bei guter Planung zudem in Grenzen. Sie treten vor allem während der Bauphase und in direkter Umgebung der Baustelle auf. Nach Abschluss der Bauarbeiten tritt bei vielen Tierarten aber der Gewöhnungseffekt ein, weswegen Forst und Jäger davon ausgehen, dass die Waldtiere diese Bereiche auch weiterhin nutzen werden. In der Betriebsphase sind keine dauerhaften Störungen der Waldtiere zu erwarten. Fledermäuse werden zudem durch festgelegte Abschaltzeiten geschützt.

Wie kontrollieren Sie den Erfolg Ihrer Maßnahmen?
Gemeinsam mit Behörden, Fachgutacher*innen und Flächeneigentümern beobachten wir den Maßnahmenerfolg teilweise bis zu 15 Jahre lang. Zum Beispiel, indem wir innerhalb unserer Ausgleichsmaßnahmen regelmäßig Wildtierkameras platzieren und errichtete Quartiere durch Fachleute auf „Besatz“ kontrollieren lassen. So lässt sich gut zeigen, dass zum Beispiel Wildkatzen bereits gegen Ende der Bauarbeiten die neu geschaffenen Bereiche durchstreifen, Fledermäuse die Angebote nutzen, Haselmäuse die Nistkästen besetzen und die aufgewerteten Biotope besiedeln.

Wie wirken sich diese Maßnahmen auf den Wald aus?
Sie legen den Grundstein zu einer natürlicheren Waldgesellschaft, welche die klimatischen Schwankungen sehr viel besser verkraftet. Das gilt in besonderem Maße für Bachtalentfichtungen. Diese wirken der Versauerung der Fließgewässer entgegen und entwickeln sich aufgrund der gepflanzten bachgeleitenden Vegetation zu wahren Hotspots für die Tierwelt. Ausgehend von solchen Bereichen ist es leichter einen schonenden Waldumbau von Nadel- zu Laubmischwald zu etablieren. 
Ein weiterer positiver Effekt unsere Maßnahmen ist, dass diese nicht nur einer Funktion gerecht werden. So hatte zum Beispiel an einem Standort das Anlegen von Himmelteichen für Fledermäuse auch ein Schwarzstorchpärchen angelockt, sehr zum Gefallen der zuständigen Naturschutzbehörde.