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Überraschende Kritik: Sind Windparks für Hitzewellen und Dürren verantwortlich?

Windparkgegner machen den Ausbau der Windenergie für Hitze und Trockenheit verantwortlich. Doch genaues Hinsehen zeigt: An diesen Vorwürfen ist nichts dran.

Deutschland hat in den vergangenen Jahren mehr als einen trockenen und heißen Sommer erlebt. Als Folge davon waren und sind in weiten Teilen des Landes die Böden zu trocken, gut zu erkennen auf dem Dürremonitor des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung. Aus den Reihen der Windkraftgegner kommt dazu ein überraschender Vorwurf: Windenergieanlagen seien für die Dürren und letztlich auch für Hitzewellen verantwortlich.

Studie aus den USA wird missverstanden

Dabei bezieht sich diese Kritik häufig auf eine Studie aus den USA. Im Jahr 2018 veröffentlichen Lee M. Miller und David W. Keith eine Untersuchung unter dem Titel: Climate Impacts of Wind Power. Sie nahmen für ihre Studie an, der gesamte Stromverbrauch der USA würde von Windenergieanlagen erzeugt, und berechneten eine Erwärmung der Oberflächentemperatur um 0,24°C. Kritiker der Windkraft leiten daraus nicht nur eine Aufheizung des Klimas, sondern auch höhere Verdunstung der Bodenfeuchtigkeit und damit eine Austrocknung des Bodens ab.

Dabei geht in dieser Kritik einiges durcheinander. So wird nicht der gesamte Strombedarf der USA aus Windenergie gedeckt und niemand plant dergleichen. 

Windräder verwirbeln Luftschichten, erzeugen aber keine Wärme

Unbestritten ist aber tatsächlich, dass sich innerhalb oder in der Nähe von Windparks die Landoberfläche leicht erwärmen kann. Der Rotor einer Windenergieanlage verändert die Luftströmung, so dass hinter einem Windrad Verwirbelungen entstehen, so genannte Wakes. Aus diesem Grund stehen in Windparks die Anlagen immer auf Abstand, sie würden sich sonst gegenseitig den Wind nehmen. 

In einer stabilen Wetterlage, bei der sich in der Höhe wärmere Luft und am Boden kühlere Luft befindet, sorgen die Rotoren für eine Durchmischung, die Luft am Boden wird also etwas wärmer. Dasselbe gilt für die Luftfeuchtigkeit: Ist die Luft am Boden feuchter, können Windenergieanlagen für einen Austausch mit trockener Luft in der Höhe sorgen. 

Eine großräumige Klimaerwärmung durch Windenergieanlagen ist hingegen unmöglich, weil sie zwar vorhandene Wärme umverteilen, aber nichts hinzufügen. Dieser Effekt ist also nicht vergleichbar mit den Auswirkungen, die mehr CO2 in der Atmosphäre aus der Verbrennung von Öl oder Erdgas hat. Miller und Keith haben nicht gezeigt und auch nicht zeigen wollen, dass Windparks die Erde um 0,24°C aufheizen, sondern nur in einem theoretischen Modell berechnet, wie sich die Temperatur am Boden erhöht, bezogen auf die komplette Fläche der USA. 
 

Minimale Effekte sind in Bodennähe messbar

Der Meteorologe Stefan Emeis schätzt die nächtliche Erwärmung der Luft in Bodennähe in der Nähe von Windparks deutlich niedriger ein, nämlich auf circa 0,05°C, wie er dem Faktenfuchs des Bayerischen Rundfunks sagte. Dabei rechnet er so: Eine Windenergieanlage könne in klaren Nächten die Oberflächentemperatur in unmittelbarer Nähe um etwa 0,5 °C erhöhen. Die relative Luftfeuchtigkeit in Bodennähe sinke um circa fünf bis zehn Prozent. Da aber dieser Effekt nur in etwa 10 Prozent der Nächte auftrete (10 Prozent von 0,5 Grad) schätzt Emeis die Erwärmung der Luft in Bodennähe im kompletten Jahresdurchschnitt auf circa 0,05 Grad. 

Wolken und Regen entstehen in großen Höhen

Und was ist mit dem Regen? Auch hier geht einiges bei den Kritikern durcheinander. Zwar wird Feuchtigkeit umverteilt, aber nicht vernichtet; es verschwindet also kein Wasser. 

Zudem entsteht unser Wetter in ganz anderen Dimensionen und Höhen. Moderne Windenergieanlagen sind um die 250 Meter hoch. Regenwolken haben ihre Basis meist 200 bis 1.000 Meter über dem Boden. Es kann also tatsächlich sein, dass sie bis in tiefhängende Wolken ragen. Doch die niederschlagsbildenden Prozesse laufen viel höher in den oberen Teilen der Wolke ab, im Temperaturbereich unterhalb von -20°C und damit in rund sechs Kilometer Höhe. 

Grundsätzlich wird unser Wetter von Hoch- und Tiefdruckgebieten bestimmt – Wind und Regen gibt es bei tiefem Luftdruck. Ein Tiefdruckgebiet in unseren Breiten aber habe einen typischen Durchmesser bis zu 2.000 Kilometern und eine Lebensdauer von bis zu einer Woche, erklärt Meteorologin Astrid Ziemann vom Institut für Hydrologie und Meteorologie an der TU Dresden im MDR. Die damit verbundenen Niederschlagsprozesse liefen ebenso auf größeren Skalen ab. Auswirkungen von Windparks auf große Strukturen in der Atmosphäre bezeichnete sie daher als fraglich. 
 

Landwirtschaftliche Dürren haben einen anderen Auslöser: Den Klimawandel

Auch landwirtschaftlichen Dürren, für die einige Kritiker die Windparks verantwortlich machen, gingen nicht auf Windparks zurück, schreibt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Überblick zur lokalen mikroklimatischen Effekten durch Windenergieanlagen. Selbst wenn beispielsweise 2018 vor allem der Norden von Dürre betroffen war, wo viele Windenergieanlagen stehen, litten auch Sachsen und große Teile Bayerns unter Trockenheit. Windenergieanlagen sind hier aber eher selten. Und auch bei einem Abgleich Dürre – Trockenheit in Europa sei kein Zusammenhang erkennbar. 

Ausschlaggebend für Hitze und Trockenheit ist – und da ist sich die Wissenschaft einig – der Klimawandel, der auf den Anstieg von CO2 in der Atmosphäre zurückzuführen ist. Dafür wiederum ist die Verbrennung fossiler Stoffe verantwortlich, also von Öl, Gas und Kohle. Windenergieanlagen mögen geringfügige Auswirkungen auf ihre Umgebung haben, genauso wie andere große Bauwerke. Doch sie sind nicht Teil des Problems, sondern der Lösung.