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Worum geht es?

Wenn alte Mauern die Energiewende blockieren

Windparkprojekte geraten immer wieder mit dem Denkmalschutz in Konflikt – auch bei JUWI. Die Gründe erscheinen nicht immer einleuchtend, wie Markus Pauly, Abteilungsleiter Projektentwicklungsexperten darstellt. Doch aus zwei Gründen hat er Hoffnung, dass sich daran etwas ändert.

Bevor ein Windpark gebaut wird, müssen viele Interessen berücksichtigt werden. Schließlich dürfen die Windenergie-Anlagen nicht zu laut sein oder Vögel und Fledermäuse gefährden. Viele, ganz unterschiedliche Themen werden deshalb im Laufe eines Genehmigungsverfahrens aufgeworfen und geprüft. 

Eines von ihnen ist der Denkmalschutz. Und immer häufiger hat er sich in den letzten Jahren zum Problem entwickelt. „Wir haben eine große Zahl von Projekten, bei denen wir mit den Denkmalschutzbehörden diskutieren“, sagt Markus Pauly, Abteilungsleiter Projektentwicklungsexperten. „Und bei sieben von ihnen hängt die Genehmigung davon ab.“

Projekte wie Oederan in Sachsen. JUWI will dort sieben Windenergie-Anlagen auf dem nahegelegenen Berg Ranis errichten. Seit zwei Jahren stellt sich die Denkmalschutzbehörde quer, weil die Altstadt des Ortes unter Denkmalschutz steht und die Behörde befürchtet, der Windpark könne das Stadtbild entwerten.

„Es kommen immer neue Argumente, eines absurder als das andere, die wir dann entkräften müssen.“

So verwies die Denkmalschutzbehörde auf die besondere Bedeutung des Berges Ranis für den Ortsnamen Oederan. „Auf der Webseite der Gemeinde wird aber ein ganz anderer Ursprung für den Namen Oederan genannt“, so Pauly. Der Windpark blockiere wichtige Sichtachsen, lautete ein anderes Argument – bis JUWI herausfand, dass diese Sichtachse der Genehmigung eines Wohnhauses nicht im Weg stand. „Und jetzt wird sogar der zunehmende Verkehr auf der Bundestraße als ein Argument pro Denkmalschutz gewertet: Durch das erwartete höhere Verkehrsaufkommen würden mehr Menschen den Blick auf Oederan erleben und würden durch die Windenergie-Anlage abgelenkt“, berichtet Pauly. Wie diese Menschen bei Tempo 100 und ohne Rastplatz mit Aussichtspunkt die Aussicht auf die Altstadt genießen sollten, fragt er sich.

Ablehnungsgrund Denkmalschutz

Mit solchen Problemen kämpfen viele Projektentwickler. Eine Umfrage der Fachagentur Windenergie an Land ergab im vergangenen Jahr, dass mehr als zehn Prozent aller beantragten Windenergie-Anlagen aus Gründen des Denkmalschutzes von den Behörden abgelehnt oder die Anträge zurückgezogen wurden. Dies bedeute, dass Windparks mit mindestens 1.000 Megawatt Leistung blockiert seien oder ihnen aus Denkmalschutzgründen die Ablehnung drohe, warnt der Bundesverband Windenergie.

Allerdings kommt in letzter Zeit Bewegung in die Sache. Da ist zum einen die Änderung des Erneuerbaren Energien Gesetzes 2022. In Paragraf 2 wird jetzt festgehalten, dass Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien „im überragenden öffentlichen Interesse“ liegen und „der öffentlichen Sicherheit“ dienen. Bis die Stromerzeugung in Deutschland nahezu klimaneutral ist, sollen sie als vorrangiger Belang in Abwägungsfällen einbezogen werden. Was im Klartext heißt: Kommt es in einem Genehmigungsverfahren zu einem Interessenskonflikt, gehen die Erneuerbaren in der Regel vor. Außerdem ändern etliche Bundesländer ihre Denkmalschutzgesetze und nehmen den Vorrang der Erneuerbaren auf. Das ist nötig, denn Denkmalschutz ist Ländersache. 

Also wird alles gut? Markus Pauly ist noch skeptisch. Die Gesetze, die derzeit diskutiert werden oder auch schon in Kraft sind, ließen viel Raum für Interpretationen. Zwar haben einige Länder wie Bayern oder Brandenburg sogenannte Positivlisten angekündigt. Das bedeutet, dass eine Liste der bedeutsamen Denkmäler festgelegt wird, in deren Nähe zu prüfen ist, ob Windparks errichtet werden dürfen. Bei allen anderen muss nicht mehr geprüft werden. Aber der Teufel steckt im Detail. „Die Frage ist ja, wie viele Denkmäler auf den Listen geführt werden, wie sie in der Fläche verteilt sind und wie groß dann der Abstand ist, der zu ihnen eingehalten werden muss“, erläutert Pauly. Im Zweifel könne man so auch riesige Ausschlussgebiete festlegen. 

Aktuelles Urteil macht Hoffnung

Außerdem sieht er ein Problem bei den Genehmigungsbehörden. „Die Behörde ist eigentlich dazu da, die Stellungnahmen aller Betroffenen einzusammeln und dann zu entscheiden: Sind die Einwände gerechtfertigt oder nicht?“, so Pauly. Aber das geschehe nicht. „Stattdessen schließt sich die Genehmigungsbehörde schlicht einer ablehnenden Stellungnahme des Denkmalschutzes an – egal, wie absurd die aufgeführten Argumente sind. Oder sie verzögert die Sache und entscheidet nicht.“

Hoffnung macht ihm ein aktuelles Urteil des Oberverwaltungsgerichts Greifswald. Geklagt hatte ein Projektentwickler, und zwar wegen Untätigkeit der Genehmigungsbehörde. Diese hatte nach einer negativen Stellungnahme der zuständigen Denkmalsschützer gegen ein Windparkprojekt das Genehmigungsverfahren auf Eis gelegt – zwei Jahre lang. Das sei nicht rechtmäßig, meinten die Richter in Greifswald. Die ablehnende Stellungnahme dürfe die Genehmigungsbehörde nicht daran hindern, über den Antrag zu entscheiden. Außerdem müsse selbst bei einer Beeinträchtigung des Denkmals ein Windpark in der Regel genehmigt werden, das schreibe §2 EEG eindeutig vor.

„Für die Energiewende ist das ein gutes Urteil“, sagt Pauly. Jetzt müsse man nur noch abwarten, dass diese Erkenntnisse auch bis in die Genehmigungsbehörden durchsickern.