
Rettungseinsatz im Windpark: So wird geübt
Was, wenn in einer Windenergieanlage ein Unfall passiert? In über 100 Metern Höhe kann ein medizinischer Notfall oder ein Brand schnell zur Herausforderung werden. Damit im Ernstfall jeder Handgriff sitzt, trainieren Rettungskräfte regelmäßig den Einsatz in Windparks. Die Sicherheit der Servicemitarbeitenden und der Bevölkerung hat dabei oberste Priorität. Hier erfahren Sie wie Rettungskräfte mit Betriebsführern im Notfall zusammenarbeiten, welche Zuständigkeiten es gibt und erklären mögliche Rettungsszenarien am Windrad.

Zusammenarbeit mit Einsatzkräften von Anfang an
Im Notfall zählt jede Minute. Deshalb werden lokale Feuerwehren bereits in der Bauphase neuer Solar- und Windparks, Batteriespeicheranlagen oder Wasserkraftwerke durch die Bauleitung eingewiesen. Diese frühzeitige Einbindung ist entscheidend, falls es während der Bauarbeiten zu einem Unfall kommt.
Nach der Einweisung erfolgen regelmäßige Übungen an den Anlagen. Ziel ist es, Abläufe zu optimieren, das Zusammenspiel zu verbessern und die Reaktionsfähigkeit der Einsatzkräfte zu stärken. Die enge Zusammenarbeit mit lokalen Feuerwehren und Hilfsorganisationen ist dabei ein zentraler Erfolgsfaktor für die Sicherheit im Windpark.

Wer im Notfall hilft: Einblick in die Zuständigkeiten
Bei einem Notfall an einer Windenergieanlage überwacht die regional zuständige Rettungsleitstelle den Einsatz. Die Rettungsleitstelle prüft, wer als zuständiger technischer Betriebsführer die Verantwortung für den Anlagenbetrieb übernommen hat, und kontaktiert diese Person auf Anforderung des vor Ort zuständigen Einsatzleiters. Bei Anlagen in der JUWI-Betriebsführung wird im Notfall stets die 24/7 besetzte Leitwarte vom Einsatzleiter oder der Rettungsleitstelle kontaktiert. Die Leitwarte stellt ergänzende Informationen zur Anlage zur Verfügung und benachrichtigt den zuständigen Anlagenverantwortlichen oder Koordinator aus der technischen Betriebsführung. Gemeinsam wird alles Erforderliche unternommen, um Personen zu retten, Anlagenteile zu sichern oder die Ausbreitung von Bränden zu verhindern.

Von Bränden bis zur Höhenrettung: Wie Einsatzkräfte Leben retten
Brände zählen zu den häufigsten Havarien an Windenergieanlagen, treten jedoch angesichts der Gesamtzahl der Anlagen in Deutschland selten auf. Ursachen für Brände sind meist technische Fehler oder seltener Blitzeinschläge. Vollbrände lassen sich aufgrund der Höhe nicht löschen, da geeignete Einsatzmittel bei der Feuerwehr fehlen. In solchen Fällen sichert die Feuerwehr die Gefahrenstelle, verhindert das Übergreifen auf umliegendes Gelände und lässt die Anlage kontrolliert abbrennen. So bleibt der Schaden auf die Anlage begrenzt. Klein- und Folgebrände am Boden, etwa durch herabfallende brennende Teile, können direkt gelöscht werden.
Hinweis: Das Risiko eines Brandes bei Windkraftanlagen ist insgesamt sehr gering – es liegt lediglich bei etwa 0,01 bis 0,04 Prozent. Moderne Anlagen sind häufig mit automatischen Löschsystemen ausgestattet und trennen sich im Brandfall nahezu vollständig vom Stromnetz. Dadurch wird verhindert, dass dem Feuer externe Energie zugeführt wird.
Ein weiteres Szenario ist die Rettung verunfallter Personen auf der Anlage. Windenergieanlagen stellen besondere Anforderungen an Rettungskräfte. Der Unterschied zwischen Absturzsicherung und Höhenrettung ist dabei entscheidend:
- Absturzsicherung gehört zur Grundausstattung vieler Feuerwehren.
- Höhenrettung erfordert eine spezielle Ausbildung und ist nur bei größeren Feuerwehren verfügbar.
Da Höhenrettungsteams in Deutschland nur vereinzelt stationiert sind, kann die Anfahrt je nach Standort bis zu 100 Kilometer betragen. Eine gute Vorbereitung und klare Abläufe sind daher essenziell.

So wird geübt – Einblicke in die Praxis
Bei JUWI finden zweimal jährlich verbindliche Rettungsübungen in der Betriebsführung statt – jeweils eine in Nord- und eine in Süddeutschland. Die Mitarbeitenden der Betriebsführung planen und führen die Übungen aktiv durch und laden lokale Feuerwehren zur Teilnahme ein.
Praxisbericht: Höhenrettung im Windpark nahe Worms
Am 23. August 2025 fand im Windpark Worms eine realitätsnahe Rettungsübung statt, bei der die Zusammenarbeit zwischen lokalen Feuerwehren, Höhenrettungseinheiten, dem Rettungsdienst und Hilfsorganisationen intensiv getestet wurde. Ziel war es, die Rettungskette bei einem Notfall in großer Höhe zu überprüfen und die Abläufe weiter zu optimieren. Das Übungsszenario simulierte einen medizinischen Notfall in rund 100 Metern Höhe: Ein Servicetechniker erlitt während Wartungsarbeiten im Maschinenhaus einer Windenergieanlage plötzlich starken Schwindel und stürzte in eine Öffnung nahe dem Getriebe. Es bestand der Verdacht auf einen Beckenbruch. Der Patient war schwer ansprechbar, hatte eine geringe Sauerstoffsättigung und war nicht mehr mobilisierbar.
Nach der Alarmierung über die zentrale Notrufnummer trafen die ersten Einsatzkräfte der Feuerwehr zügig am Kranstellplatz ein. Der Aufstieg zur Gondel erfolgte, und die Erstversorgung des Patienten begann. Die Rettung erfolgte über die Kranluke – eine Route, die sich als besonders geeignet für die Rettung aus dem Maschinenhaus erwiesen hat. Der Patient wurde gemeinsam mit einem Höhenretter passiv abgeseilt und dem Rettungsdienst übergeben.
Die Übung verlief erfolgreich. Die eingesetzten Kräfte arbeiteten vorbildlich zusammen, die Kommunikation war klar und verbindlich, und die medizinische Versorgung wurde professionell durchgeführt. Besonders positiv fiel die Nutzung des Maschinenhauskrans für den Materialtransport auf. Im Anschluss an die Übung fand ein gemeinsamer Erfahrungsaustausch bei Snacks und Getränken statt. Dabei wurden die Erkenntnisse diskutiert und konkrete Verbesserungsvorschläge gesammelt.
Die Übung war insgesamt erfolgreich und sinnvoll. Wir halten weiterhin an unserem Ziel fest, zweimal jährlich Rettungsübungen durchzuführen – damit im Ernstfall jeder Handgriff sitzt.
Fazit: Sicherheit durch Zusammenarbeit
Windparks sind ein zentraler Bestandteil der Energiewende – und ihre Sicherheit ist entscheidend für die Bevölkerung. Die regelmäßigen Rettungsübungen zeigen: Einsatzkräfte und Betriebsführung arbeiten Hand in Hand, um im Ernstfall schnell und effektiv helfen zu können. Bürgerinnen und Bürger können sich darauf verlassen, dass im Hintergrund alles dafür getan wird, um Sicherheit zu gewährleisten – auch in 100 Metern Höhe.